Inception Konzept für Landing Pages
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Es existiert bereits eine Handvoll guter Modelle zur Optimierung von Landing Pages. Was zeichnet also das Inception Konzept aus und verleiht ihm somit seine Daseinsberechtigung? Nun, das Modell richtet sich kompromisslos daran, wie wir Menschen Entscheidungen wirklich treffen.
Aus der Psychologie und der Hirnforschung wissen wir, dass unsere Urteile überwiegend vom Unterbewusstsein getroffen werden. Unsere Instinkte, Heuristiken, unsere Hormone – sie geben dem bewussten Ich vor, was es zu denken hat.
Der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman umschreibt es so: Unser bewusstes Denken (von ihm als „System 2“ bezeichnet) ist eine Nebenfigur, die sich für den Protagonisten hält. Es hält Entscheidungen für die eigenen, die längst an anderer Stelle getroffen wurden. Es erfindet sich im Nachgang rationale Erklärungen für Urteile, die ihm das Unterbewusste in Sekundenbruchteilen bereits diktiert hat.
Die Berücksichtigung dieser State-of-the-Art Erkenntnisse ist die große Stärke des Inception Konzepts:
- Es ermöglicht, Landing Pages so zu gestalten, dass sie direkt in das limbische System gehen.
- Es setzt darauf, dass dieser Vorgang innerhalb von 50 Millisekunden bis maximal 2 Sekunden geschehen muss.
- Es knüpft bewusst beim System 1 an – dem Gatekeeper, der in wohlgesinnter Stimmung Werbebotschaften nicht hinterfragt.
Gestatten Sie: Das Inception Konzept
Das Inception Konzept habe ich mir selbst zusammengestellt, damit es mir als Handlungsmaxime bei der Gestaltung von Landing Pages dient, aber auch Botschaften entlang der Customer Journey zusammenhält.
Bei der Landing Page Optimierung gilt es normalerweise unzählige mögliche Einflussfaktoren zu beachten. Das Inception Konzept bietet dabei eine einfache Handhabung, denn hier werden sie auf sechs Basisfaktoren zusammengefasst. Diese teilen sich in zwei Gruppen auf:
- Die aktivierenden Faktoren, welche die Botschaft ins limbische System einpflanzen.
- Die absichernden Faktoren, damit die Botschaft nicht durch Einwände abgestoßen wird, ehe es zur gewünschten Handlung kommt.

Die aktivierenden Faktoren
1. | Aktivierung des Belohnungszentrums Erwiesen ist: Innerhalb von 50 Millisekunden ist entschieden, ob uns eine Website gefällt oder nicht. Dieser erste Eindruck spiegelt sich nicht nur in der Absprungrate wider. Er prägt das komplette folgende (Kauf-)Verhalten – Halo Effekt und Confirmation Bias sei Dank. Damit die Landing Page die beabsichtigte Wirkung auslöst, ist die erste Hürde die entscheidende. Daher gilt es im Rahmen der Landing Page-Optimierung zunächst Fragen wie diese zu stellen:
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2. | Konkreter Nutzen Sie erinnern sich an die Nebenfigur, die sich für den Protagonisten hält? Jetzt gilt es, dem Bewusstsein Argumente zu liefern, die es die rationale Erklärung seines vorgefertigten Urteils mühelos anfertigen lassen.
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3. | Spezifische Passform Natürlich aktiviert der Enzo Ferrari bestimmte Gehirnregionen und natürlich sind 660 PS ein standfestes Argument – wieso es aber meist dennoch nicht zum Kaufabschluss kommt, kann man sich denken. Beim Faktor „Spezifische Passform“ geht es um die Übereinstimmung zwischen Angebot auf der einen Seite und um die Erwartungen und Möglichkeiten auf der anderen, mit denen die Buyer Persona auf die Landing Page kommt.
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4. | Perfekter Zeitpunkt Der Energiesparmodus ist tief im Menschen drin. Ohne einen Trigger findet er immer Gründe, wieso eine Handlung auf später oder morgen aufgeschoben werden kann. Daher gilt es jetzt zu überzeugen:
Mit den vier aktivierenden Faktoren haben wir die Botschaft im limbischen System eingepflanzt. Jetzt geht es darum zu verhindern, dass sie abgestoßen wird, ehe die Wirkung sich entfaltet. |
Die absichernden Faktoren
Weshalb die absichernden Faktoren online eine solche Bedeutung genießen, veranschaulicht folgendes Beispiel:
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen bei einem Versicherungsvertreter in der Filiale. Er hat Ihnen alle möglichen Risiken skizziert, welche sie künftig nicht mehr zu fürchten brauchen und Sie von den günstigen Konditionen überzeugt.
Während der „Berater“ jetzt das Formular ausfüllt, meldet sich eine Stimme in Ihrem Kopf: Ist die Versicherung wirklich nötig? Wenn doch, sollten nicht noch weitere Alternativen verglichen werden?
Doch so schnell die Zweifel aufkommen, so schnell verwerfen Sie diese auch wieder. Der Mann hat die Vorteile doch klar benannt, außerdem hat er sich so viel Mühe gegeben. Jetzt noch zu einem anderen Anbieter gehen und den ganzen Prozess von vorne beginnen, um am Ende bei all den Details doch keinen Vergleich ziehen zu können? Sie nippen am kostenlosen Kaffee und planen schon mal die Abendstunden.
Online hingegen haben genau diese Zweifel die Oberhand:
- Es gibt kein menschliches Gegenüber, das enttäuscht wird.
- Der nächste Anbieter wartet ebenso wie ein Vergleichsportal bereits bei Google.
- Zu guter Letzt müssen Sie das Formular auch noch selbst ausfüllen.
Deswegen gilt es die absichernden Faktoren gekonnt einzusetzen. Für den maximalen Effekt sind härtere psychologische Geschütze gefordert als die spiegelnde Gestik des Versicherungsvertreters, das Foto seiner Kinder und der kostenlose Kaffee.
5. | Eliminierung der Bedenken Jedes noch so kleine Anzeichen für niedrige Vertrauenswürdigkeit wird intuitiv erkannt. Auch wenn der Besucher bzw. die Besucherin die Ursache nicht benennen kann: Es beschleicht ihn ein Gefühl, die Bestellung wird mit Komplikationen verbunden sein. Häufig stört ihn nicht das, was er sieht, sondern dass irgendetwas fehlt. Daher werden im Rahmen der Landing Page-Optimierung folgende Punkte geprüft:
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6. | Usability/Accessability Der letzte Faktor ist ein undankbarer. Kein Mensch kauft etwas, bloß weil der Bestellprozess so toll ist. Doch ist er zu umständlich, wird nicht gekauft. Shop-Betreiber können davon ein Lied in D-Moll singen. Selten ist die Verfehlung in Sachen Usability und Accessability so groß, dass ein Element alleine entscheidet. Doch: Es summiert sich. Der Besucher kommt mit einer Portion Wohlwollen auf die Seite. Je umständlicher und irreführender die Bedienung ist, umso mehr sinkt dieses Wohlwollen: Die Ladezeit verzeiht er noch, ist aber schon leicht genervt. Muss er eine benötigte Information aktiv suchen, vermutet er schon Verschleierung. Klickt er dann auf den anscheinend passenden Link und landet doch wo anders, wird der Browser geschlossen (und irgendwo freut sich ein Marketing Manager über die „gute Engagement Rate“ Sitzungsdauer). Die Fragen zu dem Faktor lassen sich in drei Blöcke einteilen: Klarheit im Design:
Visuelle Hierarchie:
Komfort:
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Hinweise zur Anwendung des Inception Konzepts
- Das Modell eignet sich zur Erstellung von Wireframes und Designs. Grobkonzepte lassen sich schnell prüfen und es ist eine praktische Anleitung zur Landing Page Optimierung. Es ersetzt jedoch nicht ein gewisses Maß an Kreativität und gesundem Menschenverstand.
- Es liefert objektive Kriterien für eine gemeinsame Sprache zwischen verschiedenen Expert:innen wie Conversion Optimierer:innen, Creatives, SEOs und Entscheider:innen.
- Immer müssen die Buyer Persona, die Phase in der Customer Journey, die Besonderheiten des präsentierten Produkts und die Traffic-Kanäle für den Gesamtkontext einbezogen werden. Daher ist eine durchdachte Segmentierungsstrategie die Voraussetzung.