Blogs & Ratgeber in der Finanzbranche: 7 strategische Fehler, die Sie vermeiden sollten

Lesezeit: 6 Minuten

Einer HubSpot-Erhebung nach generieren Unternehmen, die in ihrer Content Marketing Strategie auf einen Blog setzen, 67 % mehr Leads als vergleichbare Unternehmen, die darauf verzichten. Auch die mir bekannten Banken und Finanzdienstleister setzen in der Regel bereits auf Blogs, Ratgeber und ähnliche Formen der direkten online Beratung zu Fragestellungen ihrer Zielkunden. 

Dabei treten regelmäßig Fehler auf, die schon in der Strategie verankert sind und die die gewünschte Performance grundlegend erschweren. In diesem Blog-Artikel habe ich 7 wichtige Fehler gesammelt, auf die Sie Ihren Approach prüfen sollten. 

Fehler Nr. 1: Loslegen ohne Funnel-Strategie

Häufig beobachte ich, dass willkürlich Themen für Artikel gewählt werden, meist Allgemeinplätze wie „7 Tipps, wie Sie heutzutage Ihr Geld gut anlegen können“. Vielleicht haben Sie Artikel dieser Art auch bei Ihrer Konkurrenz entdeckt. Damit, so scheint es, erreicht man die Massen. Doch ein Ansatz ist noch lange nicht gut, nur weil er weit verbreitet ist. 

Zum einen sind solche Themen bereits dermaßen bedient, dass es nahezu unmöglich ist, für diese häufig gesuchten Keywords bei Google im sichtbaren Bereich geführt zu werden. Zum anderen braucht es sie auch nicht. Diese Leser sind noch sehr, sehr weit von ernsthaftem Produktinteresse entfernt. Es gibt ca. 60.000 Menschen, die Monat für Monat eine Suchanfrage dieser Art bei Google abgeben. Nur die wenigsten kommen zeitnah zum Abschluss. In der Regel brauchen sie auf Ihrer Customer Journey noch so lange, dass sie den ersten Blog mit diesem Beitrag bereits wieder vergessen haben, wenn es acht Wochen später ernst wird. 

Daher: Überlegen Sie sich, welche Fragen interessieren Ihre Zielgruppe brennend, wenn sie tatsächlich stabiles Interesse entwickelt hat. Wenn der potenzielle Kunde dann eine Produktkategorie für sich gefunden hat, welche Frage kommt ihm als nächstes in den Sinn: 

  • Will er mehr zu den Vorteilen wissen, die Risiken in Erfahrung bringen? 
  • Braucht er danach eine Checkliste, um eigenständig einen Vergleich durchzuführen? 
  • Braucht er eine Gegenüberstellung, z.B. von Immobilienaktien und Crowdinvesting? 

Wenn sich Ihre Artikel-Auswahl an der Customer Journey orientiert und dabei die einzelnen Blog-Beiträge thematisch aufeinander folgen, halten Sie den Leser über den kompletten Entscheidungszyklus bei sich. Das erleichtert Ihnen auch die Planung und Priorisierung der Themen und Keywords. 

Fehler Nr. 2: Keine Segmentierung

Wenn Sie für „Jedermann“ schreiben, haben Sie schon verloren. So wird sich niemand richtig verstanden und angesprochen fühlen. Ihre Zielgruppe hat ihre spezifischen Merkmale, z.B. eine höhere Bildung in bestimmten Fachrichtungen. Beispielsweise haben Sie festgestellt, dass Ingenieure und Management-Absolventen eine besonders hohe Affinität zu Ihren Produkten aufweisen, höheren Customer Lifetime Value etc. Doch die Fragen, die diese beiden Segmente stellen, unterscheiden sich von der Allgemeinheit und auch untereinander. Ebenso die emotionale Ansprache, verwendete Beispiele, die Risikobereitschaft und die entscheidenden Argumente. 

Daher: Richten Sie Ihre Content-Strategie auf die wichtigsten Segmente aus und clustern Sie die verschiedenen Themen. Bei Segment A betonen Sie mehr die Chancen und bringen lebhafte Metaphern. Bei Segment B sind womöglich Zahlen, Daten, Fakten und mehr Text-Umfang zielführend. Mit einer Segmentierungsstrategie fällt es Ihnen noch leichter, im Funnel zu denken und dem Leser nach Blog-Artikel 11 als nächsten Beitrag 16 vorzuschlagen. 

Fehler Nr. 3: Keine Seeding-Strategie

»Die Aufrufzahlen rechtfertigen keine weiteren Aufwände in diese Richtung: Wer sich in den Blog verirrt, entdeckt den ultimativen Anleger-Tipp vom 16. Mai 2018.«

Häufiges Phänomen: Die ersten 16 Blog-Beiträge sind nach langer Überzeugungsarbeit da. Doch die Sichtbarkeit bei Google stellt sich nicht von jetzt auf gleich ein, v.a. wenn die SEO-Strategie nicht stark genug ist. Auf der Homepage selbst will man die Beiträge nur am Rande platzieren. Verständlich, die Stammkunden wollen zum Log-In und News, neue Besucher mit Markenbekanntheit sollen möglichst zum Produktkauf geführt werden. 

So vegetiert der erste ambitionierte Content-Stapel vor sich hin. Die Aufrufzahlen rechtfertigen keine weiteren Aufwände in diese Richtung: Wer sich in den Blog verirrt, entdeckt den ultimativen Anleger-Tipp vom 16. Mai 2018. 

Daher: Planen Sie schon in der Strategie ein, wie Sie für Reichweite sorgen werden: 

  • Welche Rolle nimmt SEO ein? Ab wann werden welche Keywords welche Besucherzahlen generieren? 
  • Wie unterstützen Sie mit Social Media und den guten Targeting-Möglichkeiten? 
  • Welche Rolle nehmen externe Finanzportale ein?
  • Wollen Sie über Native Advertising in den Sponsored Posts anderer Magazine erscheinen? Wie vermeiden Sie dabei, dass Ihre Marke zwischen „OMG! Britney Spears dreht wieder durch“ und „Wir kaufen Ihr Zahngold“ auftaucht? 
  • Welches Budget braucht es und welche Kennzahlen zeigen, dass es gewinnbringend investiert ist? 

Bedenken Sie: Content Marketing wird Ihnen nicht sofort neue Anleger und Kunden bescheren. Doch auf Dauer weckt es den Bedarf, stärkt ihre Marke und Sie ziehen den vorsichtigen Interessenten Satz für Satz hoch zum treuen Brand-Loyalisten. Reines, auf den Abschluss gerichtetes Performance Marketing wird ohne die Symbiose mit Content niemals profitabel sein. Zu umkämpft ist der Wettbewerb um diesen „Abschluss bereiten“ potenziellen Kunden, der seine Entscheidung für einen Anbieter innerlich schon längst gefällt hat – dessen Branding und Content Marketing Strategie sei Dank. 

Fehler Nr. 4: Zu formelle Sprache und User Experience

Es ist eine Gepflogenheit, die wir aus der analogen Welt kennen. Betreten Sie eine Filiale und werden geduzt oder es fehlt eine gewisse Etikette, fühlen Sie sich als Kunde eigenartig. Digital ist das Erlebnis anders. Hier sind Sie in Ihrer vertrauten Umgebung, oft genug in Freizeit-Klamotten auf dem Sofa. Da darf die Tonalität lockerer sein. Sie muss es sogar. Natürlich möchten Sie sich mit Investments beschäftigen. Aber Sie erwarten auch eine gewisse Unterhaltung vom Blog, den Sie aufgerufen haben. Dieser konkurriert in der Minute mit Netflix, DAZN und dem Hund. 

Daher: Beraten Sie in Ihrem Blog einfach, unterhaltsam und verständlich, ohne dass das Lesen Mühe verursacht. Je einfacher die Sachverhalte vermittelt werden, umso mehr überzeugen Sie auch. Zeigen Sie Persönlichkeit in der Sprache und Kreativität in der Bildauswahl anstelle von Stock-Klischees. Vermeiden Sie die offizielle Corporate Tone-of-Voice. Reichern Sie die Artikel mit Beispielen und Stories an.

Auch Google bewertet eine einfache Sprache deutlich besser als zu komplexe Wörter und Satzstellungen – weil die Suchmaschine eben aus der Unmenge an Daten weiß, welches Wording dem User am besten zusagt. Simplifizieren brauchen Sie allerdings nicht. 

Fehler Nr. 5: Die SEO-Strategie fehlt

»Hier kommt es auf Strategie, Qualität und Fleiß an. Nicht auf finanzielle Muskeln.«

Ich liebe SEO über alles. Nein, damit meine ich nicht Sätze wie „Sie möchten Motorsägen online kaufen? Motorsägen online kaufen tun Sie am besten hier.“ Dieses Relikt der Nuller-Jahre ist zum Glück ausgestorben. Der Google-Algorithmus ist inzwischen um Welten intelligenter. Rund 15 % aller Suchanfragen von uns Menschen hat die Maschine so noch nie zuvor erhalten – und liefert dennoch Ergebnisse aus, die uns befriedigen.

Warum ich SEO liebe: Es ist schön komplex, dass es wirklich Spaß macht. Und es ist der fairste Kanal im Digital Marketing. Hier kommt es auf Strategie, Qualität und Fleiß an, nicht auf finanzielle Muskeln. Während DWS die Bandenwerbung in der Commerzbank Arena (heißt sie noch offiziell so?) aufkauft und mich von Immobilien-Investments bei einer missglückten Flanke von Timothy Chandler überzeugen möchte (@Marketing von DWS: Ich hoffe, ihr versteht Spaß ;) ) – kommt das Start-Up Bergfürst um die Ecke und ist jetzt seit vier Jahren bei gefühlt jeder Suchanfrage eines Privatanlegers in den Top Positionen bei Google. Monat für Monat 150.000 Besucher, denen Bergfürst und Crowdinvesting vermutlich neu sind und das for free! 

Daher: Auch wenn Ihnen gerade der Barbier einen neuen Haarschnitt empfiehlt, setzen Sie auf SEO. Mit der richtigen Strategie stellt sich der Erfolg in drei bis sechs Monaten ein und wächst dann nachhaltig. 

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Bergfürst aus unserem Beispiel baut auf Masse und Pragmatismus. Ob Sie nun googlen, wie Sie 1.000, 10.000 oder 50.000 Euro anlegen – Ihnen wird immer als erstes Bergfürst ausgespielt. Allerdings nimmt diese Strategie in Kauf, dass die Artikel einfach gehalten sind, ohne großes grafisches Schnick-Schnack und der Leser rechtabrupt zu Immobilien und Crowdinvesting gelenkt wird. Andere Strategien haben ein feiner zusammen gestelltes Keyword Set – Stichwort Segmentierung – und einen Funnel, der glaubwürdiger zur Produktkategorie führt.

Fehler Nr. 6: Lead-Generierung wird vernachlässigt

Selten begegnen mir Aufrufe zur Newsletter-Anmeldung, die mich inhaltlich überzeugen: Warum soll ich mich für diesen Newsletter anmelden und „auf dem Laufenden bleiben“, wenn ich noch kein Kunde bin? Auch das scheint ein taktisches Mittel zu sein, dass einzig deswegen jeder einsetzt, weil es jeder einsetzt. 

Ihr Blog ist das perfekte Spielfeld, um Leads zu generieren. Hier steigen die Interessenten ein, hier haben Sie die Chance über Gamification, Probierpakete oder exklusive und hochwertige Inhalte Kontaktdaten und weitere Informationen einzusammeln. Dafür müssen diese aber auch hochwertig sein. Simple Inhalte, die es bei der ersten Google-Suche kostenlos gibt, ziehen nicht. 

Mit dem direkten Kontakt können Sie ihren Interessenten noch effizienter und strukturierter zum Kunden heranziehen. Darüber hinaus erhalten Sie hier Ihre Insights, wer die Kunden sind, welche Segmente welche Merkmale aufweisen, besonders profitable Kundengruppen etc. 

Fehler Nr. 7: Zu viel auf einmal

Content Marketing ist höchst aufwendig. In vielen Unternehmen muss erst der Rückhalt der Führungsetage etabliert, die Expertise in den eigenen Reihen zur Unterstützung gewonnen oder ein kompetenter externen Partner gefunden werden. Es braucht eine durchdachte Zielpyramide mit den richtigen KPIs für das Controlling zum Erfolgskurs. Die Gefahr ist in der Regel, dass es halbherzig angegangen wird – oder das andere Extrem: So überambitioniert, dass es sich negativ auf die Motivation auswirkt.  

Daher: Konzipieren Sie im Rahmen der Strategie unbedingt eine Roadmap, die zu Ihren Gegebenheiten passt. Die die zur Verfügung stehenden Mittel und Kompetenzen berücksichtigt und einem Zeitplan folgt, der Priorisierung und Erfahrung aus vergleichbaren Projekten einfließen lässt. Dabei empfiehlt es sich, die große Content Vision in Kapitel zu gliedern und zunächst auf einen frühen MVP hinzuarbeiten. Ein nicht perfekter Blog, der aber schon Sichtbarkeit aufbaut, Traffic generiert und Ihnen so frühe Signale von Usern und der Suchmaschine liefert, ist goldwert und stärkt die Identifikation in Ihrem Unternehmen. 

Mario Kemenc

Consultant & CEO

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